Freitag, 17. April 2009

Grenz-Erfahrungen

Heute lief die erste Zwei-Monats-Periode meines Visums ab. Hatte in der thailändischen Botschaft in Frankfurt für weitere zwei Monate bezahlt, aber den Stempel muß man sich hier an der Grenze abholen. Bin daher heute morgen mit Lena, deren Visum zufällig auch ablief, zur Grenze gefahren, etwa 8 km westlich von Mae Sot. Das Prozedere läuft so ab, daß man sich zuerst am thailändischen Zoll einen Ausreisestempel abholt. Dann spaziert man zu Fuß über die "Friendship-Bridge", die über den Grenzfluß Moei-River führt, rüber auf die burmesische Seite. Dort sponsert man das brutale Militärregime mit 500 Baht (ca. 11 EUR) pro Person und bekommt dafür ebenfalls einen Stempel, der nämlich bestätigt, daß man in Burma drin war. Dann macht man sofort kehrt, zurück über die Brücke. Man könnte auch in dem Städtchen Myawaddy verweilen, aber der erste Eindruck ist nicht besonders einladend. Und eine reguläre Weiterreise ist von dort aus sowieso nicht möglich, Checkpoints an den Ausfallstraßen verhindern das. Habe mir sagen lassen, daß aktuell überhaupt nur wenige Strecken im Land freigegeben sind für Touristen, z. B. Rangoon - Mandalay.

Wieder am thailändischen Zoll angekommen, muß man ein neues Einreiseformular ausfüllen und erhält finalmente seinen Stempel. Lena darf das alle drei Monate wiederholen, seit inzwischen fast drei Jahren. Der smarte Mann von der military intelligence auf der burmesischen Seite kennt sie schon bestens - "here please, same procedure as last time, miss!" Ich fand den Typ eigentlich nett und verbindlich, er wirkte freundlich und sprach ausgezeichnet Englisch. Saß da in seinem weißen T-Shirt und den Blue Jeans einfach vor dem eigentlich Zollbüro und schien nichts zu tun zu haben. Als wir rüberkamen, regnete es gerade ein bißchen, und er sprach uns an und zitierte spontan zwei Songs mit "rain" im Titel: "Singin' in the rain" von Gene Kelly und "Who'll stop the rain" von CCR. Auf dem Rückweg klärte mich Lena dann auf: das müsse einer sein, der ziemlich weit oben angesiedelt ist, denn nur diese Typen würden so gut Englisch sprechen. Sein Job wäre, abzuchecken, was so an der Grenze los ist, wer 'rüberkommt, vor allem Ausländer, und Informationen zu sammeln. Sie war gar nicht gut auf ihn zu sprechen, auch wegen der Anspielung mit "same procedure" usw. Nachdem sie das so erzählt hatte, formte sich in meinem Kopf ein Bild: wie unser Freund vom Geheimdienst morgens in seinem weißen T-Shirt langsam die Treppe in den Folterkeller eines Gefängnisses in Rangoon hinabsteigt und dabei fröhlich "Singin' in the rain" pfeift. In dem Raum mit den schönen Instrumenten angekommen, sagt er zu seinem Untergebenen, während sein Blick über die Gerätschaften schweift: "Holen Sie bitte nochmal den Gefangenen aus Zelle 17, er müßte sich inzwischen etwas erholt haben. Hmmm, was machen wir heute mit ihm...ich würde sagen, same procedure as last time....!"

Beim Überqueren der Brücke zu Fuß hat man auch genügend Zeit, ein interessantes Schauspiel zu beobachten, nämlich den regen Grenzverkehr auf dem Wasser. Zu dieser Jahreszeit ist der Fluß an vielen Stellen nur knietief, also überhaupt kein Problem ihn zu überqueren, außer daß es natürlich absolut illegal ist. Selbst am hellichten Tag scheint das aber niemanden zu kümmern. Ganze Gruppen von Menschen waren heute morgen unterwegs, und das nur wenige Meter entfernt von den Grenzposten auf beiden Seiten! Hier wußte Lena zu berichten, daß die für die Grenze zuständigen Miltäreinheiten natürlich alles mitkriegen, aber nichts unterbinden, weil sie kräftig mitverdienen und sich so ihren kargen Sold etwas aufbessern. Für alles war 'rübergeht, Ware oder Mensch oder Menschenware, werden nämlich sowohl vom burmesischen als auch thailändischen Militär "inoffizielle" Gebühren erhoben - in cash bei der Überquerung zu bezahlen!

3 Kommentare:

  1. Hallo Branko,

    deine Schilderungen erinnern mich sehr stark an den Grenzübertritt von Vietnam nach Kambodscha.
    Zuerst ging es mit dem Boot auf dem Fluss bis zur Grenze, dann musste ich austeigen, zu Fuss ca. 400m über einen staubigen Weg laufen, wo mich am Ende 2 merkwürdige Gestalten gemustert haben. In einer kleinen Holzhütte bekam ich dann einen Stempel gegen Bares in meinen Pass und wieder ging es ca. 300 m zu Fuss weiter dem Fluß entlang.
    Leider komme ich zur Zeit nur selten dazu, deine durchaus amüsanten Geschichten zu lesen, aber ich freue mich immer wieder drauf.
    Wünsche dir weiterhin viel Spaß bei der Arbeit und unvergessliche Eindrücke!

    Liebe Grüße von ELKE

    AntwortenLöschen
  2. Hi Branko,

    warum sprichst (schreibst) du immer von "Burma"? Hat sich der neue Name "Myanmar" auch dort in "Burma" selbst nicht durchgesetzt?

    Besserwisser-Eddy.

    AntwortenLöschen
  3. Ich verwende den "neuen" Namen nicht, weil er vom Militärregime rein aus PR-Gründen eingeführt wurde, in der Hoffnung, daß vom der Rest der Welt zusammen mit dem alten Namen auch die politischen Zustände gleich mit vergessen werden. "Myanmar" und "Burma" sind von der Bedeutung her praktisch identisch, beides sind Bezeichnungen für die größte Volksgruppe im Land, die Bamar. Du siehst, der Kontakt mit den Karen hier hat mich schon gehirngewaschen :-)

    AntwortenLöschen