Donnerstag, 23. April 2009

Schüler und Lehrer

Das Sommerschulprojekt mit Englisch- und Computerkursen an der BHSOH School geht nun nach drei Wochen zuende. Morgen gibt es mit allen Lehrern und Schülern ein kleines Abschlußfest am nahegelegenen Stausee (Fotoreportage folgt in Kürze). Es war sehr interessant und lehrreich, mit anderen Lehrern zusammenzuarbeiten, gemeinsam zu organisieren und sich abzusprechen. Der Schwerpunkt lag auf Englisch-Unterricht, meine Aufgabe sollte unterstützender Natur sein. Aufgrund dieser Prämisse hatte ich bestimmte Vorstellungen, was von meiner Seite gefragt sein würde: Arbeit mit digitalen Lehrmedien und Internetnutzung. Weitere Anforderungen ergaben sich im Laufe der ersten Tage, als nämlich die verschiedenen Englisch-Gruppen mit ihren Teilprojekten begannen. Zunächst war grundsätzlich relativ viel Organisation auch im laufenden Schulungsbetrieb erforderlich, da die Teilnehmer sehr inhomogene Kenntnisstände bezüglich Computern mitbrachten und im Kurs unterschiedlich schnell vorankamen. Weiterhin variierte die Anzahl der Teilnehmer täglich, wir haben ja Ferien hier... Jeden Tag mußten die Gruppen entsprechend der Kenntnisstände der jeweils anwesenden Teilnehmer neu zusammengestellt werden. Auf der fachlichen Ebene zeigte sich, daß ein Schwerpunkt die Grundausbildung der Lehrer am Computer sein würde, da viele keinerlei Computererfahrung hatten. Die größten Anforderungen entstanden allerdings auf der fachübergreifenden Ebene.

Beim Unterrichten der Lehrer fiel mir auf, daß ich sich häufig wiederholende Prozesse, wie z. B. die Vorgehensweise zum Öffnen eines Word-Dokuments, immer wieder neu erklären mußte. Ich schrieb die Reihenfolge an die Tafel, die Lehrer schrieben immer fleißig mit, trotzdem schauten sie mich fragend an, wenn ich 10 min. später das gleiche nochmal wollte, aber ohne Anleitung meinerseits. Ich bin schon am Zweifeln, daß meine Lehrmethoden entweder "schlecht" oder gänzlich ungeeignet sind. Oder ich bin zu ungeduldig. Oder die Arbeitsweise hierzulande ist komplett anders als wir es gewohnt sind. Mir ist auf jeden Fall klar geworden, daß diese Blockkursstruktur Nachteile hat, wenn komplett neue Kenntnisse vermittelt werden sollen, im Vergleich zu Vertieferkursen. Denn Neues braucht einfach mehr Zeit um "einzusickern", man muß über einen längeren Zeitraum üben und wiederholen.

Anderes Beispiel: die besten Englischschüler aus den Klassen 9 bis 11 sollten in Zweierteams zehnminütige Vorträge über berühmte Persönlichkeiten der Weltgeschichte vorbereiten: Nelson Mandela, Mahatma Gandhi, Dalai Lama. Die Informationen sollten im Internet recherchiert werden, und ich sollte zeigen wie und beim Sammeln der relevanten Informationen helfen. Leider hatte nur einer der Schüler zuvor in seiner Schullaufbahn eine Präsentation vorbereitet und gehalten. Es ging also zunächst darum, Grundlagen über den Aufbau einer Präsentation zu vermitteln. Danach war zu erarbeiten, wie man aus der Fülle an Informationen in den diversen Webseiten relevante Eckdaten und Schlüsselbegriffe extrahieren, erklären und für die Präsentation organisieren kann. Die tatsächliche Recherche wurde somit zur somit Nebensache.

Passend zu diesen Beispielen fallen mir Beobachtungen bei anderen Gelegenheiten ein. Der Unterricht an den Schulen scheint oftmals Frontalunterricht in verschärfter Form zu sein: der Lehrer spricht vor, die Schüler sprechen in der Gruppe nach. D. h. der Unterricht scheint eher Richtung Informationsreproduktion zu gehen. Weiterhin fördert diese Vorgehensweise nicht gerade die Eigeninitiative beim Lernen. Und schließlich scheint die Anleitung der Schüler zu selbständigem und methodischem Arbeiten keine Priorität zu genießen.

In diesem Zusammenhang habe ich mich auch gefragt, ob es von offizieller Seite, d.h. seitens thailändischer Behörden oder den Organisationen für burmesische Flüchtlinge, speziell ausgerichtete Unterrichtsstandards, vorgegebene Lehrpläne gibt. Das scheint nicht der Fall zu sein, wäre aber dringend notwendig. Manche Flüchtlingsschulen fangen an, die Vorgaben des thailändischen Schulsystems zu übernehmen, aber die passen halt nur bedingt. Manche Hilfsorganisationen haben sich darauf spezialisiert, begabte Schüler höherer Klassen mit Hilfe von selbst entwickelten Auswahltests zu finden und anschließend zu fördern. Ob es jemand schafft oder nicht, scheint mir sehr stark vom Zufall bestimmt zu sein, da in den Jahren davor im regulären Unterricht keine gezielte Vorbereitung anhand dieser Standards stattfindet. Jeder macht irgendwie sein Ding, und vieles bleibt somit Stückwerk.

Aufgrund dieser Erfahrungen und Beobachtungen sehe ich einen wichtigen Ansatzpunkt für die Zukunft in der Verbesserung der Lehrerausbildung. Meines Wissens (das recht mager ist) gibt es unter den vielen Organisationen hier bzw. ihren Förderprogrammen keines, das gezielt Lehrer fördert und weiterbildet. Das wundert mich. Der Vergleich paßt nicht ganz, aber diese Situation erinnert mich an die Frage, ob ich einer hungrigen Familie irgendwo in der dritten Welt jede Woche einen Sack Reis gebe oder lieber einen Brunnen grabe und ihnen zeige, wie sie selbst Reis anbauen können. Stark vereinfacht gesagt, ich weiß.

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