Samstag, 25. April 2009

Schulausflug

Gestern Vormittag sind wir zum Abschluß für ein paar Stunden zu einem nahegelegenen Stausee gefahren. War interessant, die Lehrer und Schüler zum ersten Mal außerhalb des Schulbetriebes zu erleben. Habe mir vorgenommen, beim nächsten Schulungsblock in Woche zwei und drei, wenn ich transportmäßig autark bin, mehr Zeit mit den Leuten zu verbringen. Das werden teilweise dieselben sein, d. h. wir kennen uns gegenseitig bereits ein bißchen. Zuletzt war es ja so, daß wir nach Unterrichtsende immer mit dem Schulbus abgeholt und an verschiedenen Stellen in der Stadt bzw. den verschiedenen Schulen wieder abgesetzt wurden.

Unten zu sehen: Claire, Volunteer für Englisch aus Frankreich und Chang One, aktuelle personelle Neuerwerbung des Büros. Er war bis vor kurzem Lehrer und Schulleiter an der BHSOH School und ist jetzt die neue Allzweckwaffe im Büro: spricht und schreibt ausgezeichnet Englisch, Burmesisch und Thai, kann somit dolmetschen und übersetzen, hat hervorragende Kontakte, Insiderwissen und viel Erfahrung. Außerdem ist er ein sehr netter Kerl. Er mußte 2006 aus Burma fliehen, weil er irgendwie für die Opposition tätig war. Er sagte mir, daß sein Kumpel damals verhaftet und zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt wurde.



Die Jugend von heute... links Daniel, einer von wenigen burmesischen Christen. Die Finger der rechten Hand wurden ihm von einer Maschine abgetrennt. Von Nahem würde man sehen, daß die Arbeit des plastischen Chirurgen suboptimal war. Falls es denn einer war und nicht einfach irgendein Arzt, der halt gerade erreichbar war, als der Unfall passierte. Vom Daumen ist noch genug übrig, um das Plektrum zu halten. Gestern konnte ich feststellen, daß fast alle Jungs ziemlich gut Gitarre spielen und die restlichen zumindest mitsingen können. Und sie brauchen keinen Tropfen Alkohol, um schon vormittags ohne Scheu loszulegen. Es gehört zu ihren wichtigsten Freizeitbeschäftigungen, da viele von ihnen die meiste Zeit, auch in den Schulferien, in den Schlafhütten der Schulen leben und es dort nicht viel anderes zu tun gibt. Ihre Familien leben in den Flüchtlingslagern, zum Teil weit weg von Mae Sot. Geld, um was zu unternehmen oder abends wegzugehen, haben sie keines. Ihr Musikrepertoire läßt allerdings noch zu wünschen übrig: ausschließlich Schnulzen von Bryan Adams, Richard Marx und Konsorten.



Begegnung am Wegesrand...



Die Lehrer: gestern noch fleißig auf der Schulbank...



...heute schon frech beim Posieren für den Fotografen...



Der Mathematik-Lehrer in dem Magenta-farbenen Polo-Shirt wurde übrigens morgens ein paar Stunden vor dem Ausflug von der Polizei verhaftet und sitzt jetzt im Gefängnis. Er ist noch nicht lange an der Schule in Mae Sot und hatte deswegen keine Papiere vorweisen können. Die Lehrer "unserer" Schulen erhalten Ausweise von "uns", die aber nicht richtig darüber hinwegtäuschen können, daß die Menschen illegal draußen rumlaufen. Burmesische Flüchtlinge müssen sich in den Lagern aufhalten und dürfen nicht arbeiten. Theoretisch kann jeder, der ohne entsprechende Papiere "draußen" aufgegriffen wird, verhaftet werden. Wenn die Polizei entsprechend motiviert wäre, könnte sie in Mae Sot jeden Tag reiche Beute machen. Die Vorgehensweise sieht dann so aus, daß diejenige Organisation, die sich für die Person zuständig fühlt, zur Polizei geht und inoffizielles Lösegeld bezahlt.

Donnerstag, 23. April 2009

Schüler und Lehrer

Das Sommerschulprojekt mit Englisch- und Computerkursen an der BHSOH School geht nun nach drei Wochen zuende. Morgen gibt es mit allen Lehrern und Schülern ein kleines Abschlußfest am nahegelegenen Stausee (Fotoreportage folgt in Kürze). Es war sehr interessant und lehrreich, mit anderen Lehrern zusammenzuarbeiten, gemeinsam zu organisieren und sich abzusprechen. Der Schwerpunkt lag auf Englisch-Unterricht, meine Aufgabe sollte unterstützender Natur sein. Aufgrund dieser Prämisse hatte ich bestimmte Vorstellungen, was von meiner Seite gefragt sein würde: Arbeit mit digitalen Lehrmedien und Internetnutzung. Weitere Anforderungen ergaben sich im Laufe der ersten Tage, als nämlich die verschiedenen Englisch-Gruppen mit ihren Teilprojekten begannen. Zunächst war grundsätzlich relativ viel Organisation auch im laufenden Schulungsbetrieb erforderlich, da die Teilnehmer sehr inhomogene Kenntnisstände bezüglich Computern mitbrachten und im Kurs unterschiedlich schnell vorankamen. Weiterhin variierte die Anzahl der Teilnehmer täglich, wir haben ja Ferien hier... Jeden Tag mußten die Gruppen entsprechend der Kenntnisstände der jeweils anwesenden Teilnehmer neu zusammengestellt werden. Auf der fachlichen Ebene zeigte sich, daß ein Schwerpunkt die Grundausbildung der Lehrer am Computer sein würde, da viele keinerlei Computererfahrung hatten. Die größten Anforderungen entstanden allerdings auf der fachübergreifenden Ebene.

Beim Unterrichten der Lehrer fiel mir auf, daß ich sich häufig wiederholende Prozesse, wie z. B. die Vorgehensweise zum Öffnen eines Word-Dokuments, immer wieder neu erklären mußte. Ich schrieb die Reihenfolge an die Tafel, die Lehrer schrieben immer fleißig mit, trotzdem schauten sie mich fragend an, wenn ich 10 min. später das gleiche nochmal wollte, aber ohne Anleitung meinerseits. Ich bin schon am Zweifeln, daß meine Lehrmethoden entweder "schlecht" oder gänzlich ungeeignet sind. Oder ich bin zu ungeduldig. Oder die Arbeitsweise hierzulande ist komplett anders als wir es gewohnt sind. Mir ist auf jeden Fall klar geworden, daß diese Blockkursstruktur Nachteile hat, wenn komplett neue Kenntnisse vermittelt werden sollen, im Vergleich zu Vertieferkursen. Denn Neues braucht einfach mehr Zeit um "einzusickern", man muß über einen längeren Zeitraum üben und wiederholen.

Anderes Beispiel: die besten Englischschüler aus den Klassen 9 bis 11 sollten in Zweierteams zehnminütige Vorträge über berühmte Persönlichkeiten der Weltgeschichte vorbereiten: Nelson Mandela, Mahatma Gandhi, Dalai Lama. Die Informationen sollten im Internet recherchiert werden, und ich sollte zeigen wie und beim Sammeln der relevanten Informationen helfen. Leider hatte nur einer der Schüler zuvor in seiner Schullaufbahn eine Präsentation vorbereitet und gehalten. Es ging also zunächst darum, Grundlagen über den Aufbau einer Präsentation zu vermitteln. Danach war zu erarbeiten, wie man aus der Fülle an Informationen in den diversen Webseiten relevante Eckdaten und Schlüsselbegriffe extrahieren, erklären und für die Präsentation organisieren kann. Die tatsächliche Recherche wurde somit zur somit Nebensache.

Passend zu diesen Beispielen fallen mir Beobachtungen bei anderen Gelegenheiten ein. Der Unterricht an den Schulen scheint oftmals Frontalunterricht in verschärfter Form zu sein: der Lehrer spricht vor, die Schüler sprechen in der Gruppe nach. D. h. der Unterricht scheint eher Richtung Informationsreproduktion zu gehen. Weiterhin fördert diese Vorgehensweise nicht gerade die Eigeninitiative beim Lernen. Und schließlich scheint die Anleitung der Schüler zu selbständigem und methodischem Arbeiten keine Priorität zu genießen.

In diesem Zusammenhang habe ich mich auch gefragt, ob es von offizieller Seite, d.h. seitens thailändischer Behörden oder den Organisationen für burmesische Flüchtlinge, speziell ausgerichtete Unterrichtsstandards, vorgegebene Lehrpläne gibt. Das scheint nicht der Fall zu sein, wäre aber dringend notwendig. Manche Flüchtlingsschulen fangen an, die Vorgaben des thailändischen Schulsystems zu übernehmen, aber die passen halt nur bedingt. Manche Hilfsorganisationen haben sich darauf spezialisiert, begabte Schüler höherer Klassen mit Hilfe von selbst entwickelten Auswahltests zu finden und anschließend zu fördern. Ob es jemand schafft oder nicht, scheint mir sehr stark vom Zufall bestimmt zu sein, da in den Jahren davor im regulären Unterricht keine gezielte Vorbereitung anhand dieser Standards stattfindet. Jeder macht irgendwie sein Ding, und vieles bleibt somit Stückwerk.

Aufgrund dieser Erfahrungen und Beobachtungen sehe ich einen wichtigen Ansatzpunkt für die Zukunft in der Verbesserung der Lehrerausbildung. Meines Wissens (das recht mager ist) gibt es unter den vielen Organisationen hier bzw. ihren Förderprogrammen keines, das gezielt Lehrer fördert und weiterbildet. Das wundert mich. Der Vergleich paßt nicht ganz, aber diese Situation erinnert mich an die Frage, ob ich einer hungrigen Familie irgendwo in der dritten Welt jede Woche einen Sack Reis gebe oder lieber einen Brunnen grabe und ihnen zeige, wie sie selbst Reis anbauen können. Stark vereinfacht gesagt, ich weiß.

Freitag, 17. April 2009

Grenz-Erfahrungen

Heute lief die erste Zwei-Monats-Periode meines Visums ab. Hatte in der thailändischen Botschaft in Frankfurt für weitere zwei Monate bezahlt, aber den Stempel muß man sich hier an der Grenze abholen. Bin daher heute morgen mit Lena, deren Visum zufällig auch ablief, zur Grenze gefahren, etwa 8 km westlich von Mae Sot. Das Prozedere läuft so ab, daß man sich zuerst am thailändischen Zoll einen Ausreisestempel abholt. Dann spaziert man zu Fuß über die "Friendship-Bridge", die über den Grenzfluß Moei-River führt, rüber auf die burmesische Seite. Dort sponsert man das brutale Militärregime mit 500 Baht (ca. 11 EUR) pro Person und bekommt dafür ebenfalls einen Stempel, der nämlich bestätigt, daß man in Burma drin war. Dann macht man sofort kehrt, zurück über die Brücke. Man könnte auch in dem Städtchen Myawaddy verweilen, aber der erste Eindruck ist nicht besonders einladend. Und eine reguläre Weiterreise ist von dort aus sowieso nicht möglich, Checkpoints an den Ausfallstraßen verhindern das. Habe mir sagen lassen, daß aktuell überhaupt nur wenige Strecken im Land freigegeben sind für Touristen, z. B. Rangoon - Mandalay.

Wieder am thailändischen Zoll angekommen, muß man ein neues Einreiseformular ausfüllen und erhält finalmente seinen Stempel. Lena darf das alle drei Monate wiederholen, seit inzwischen fast drei Jahren. Der smarte Mann von der military intelligence auf der burmesischen Seite kennt sie schon bestens - "here please, same procedure as last time, miss!" Ich fand den Typ eigentlich nett und verbindlich, er wirkte freundlich und sprach ausgezeichnet Englisch. Saß da in seinem weißen T-Shirt und den Blue Jeans einfach vor dem eigentlich Zollbüro und schien nichts zu tun zu haben. Als wir rüberkamen, regnete es gerade ein bißchen, und er sprach uns an und zitierte spontan zwei Songs mit "rain" im Titel: "Singin' in the rain" von Gene Kelly und "Who'll stop the rain" von CCR. Auf dem Rückweg klärte mich Lena dann auf: das müsse einer sein, der ziemlich weit oben angesiedelt ist, denn nur diese Typen würden so gut Englisch sprechen. Sein Job wäre, abzuchecken, was so an der Grenze los ist, wer 'rüberkommt, vor allem Ausländer, und Informationen zu sammeln. Sie war gar nicht gut auf ihn zu sprechen, auch wegen der Anspielung mit "same procedure" usw. Nachdem sie das so erzählt hatte, formte sich in meinem Kopf ein Bild: wie unser Freund vom Geheimdienst morgens in seinem weißen T-Shirt langsam die Treppe in den Folterkeller eines Gefängnisses in Rangoon hinabsteigt und dabei fröhlich "Singin' in the rain" pfeift. In dem Raum mit den schönen Instrumenten angekommen, sagt er zu seinem Untergebenen, während sein Blick über die Gerätschaften schweift: "Holen Sie bitte nochmal den Gefangenen aus Zelle 17, er müßte sich inzwischen etwas erholt haben. Hmmm, was machen wir heute mit ihm...ich würde sagen, same procedure as last time....!"

Beim Überqueren der Brücke zu Fuß hat man auch genügend Zeit, ein interessantes Schauspiel zu beobachten, nämlich den regen Grenzverkehr auf dem Wasser. Zu dieser Jahreszeit ist der Fluß an vielen Stellen nur knietief, also überhaupt kein Problem ihn zu überqueren, außer daß es natürlich absolut illegal ist. Selbst am hellichten Tag scheint das aber niemanden zu kümmern. Ganze Gruppen von Menschen waren heute morgen unterwegs, und das nur wenige Meter entfernt von den Grenzposten auf beiden Seiten! Hier wußte Lena zu berichten, daß die für die Grenze zuständigen Miltäreinheiten natürlich alles mitkriegen, aber nichts unterbinden, weil sie kräftig mitverdienen und sich so ihren kargen Sold etwas aufbessern. Für alles war 'rübergeht, Ware oder Mensch oder Menschenware, werden nämlich sowohl vom burmesischen als auch thailändischen Militär "inoffizielle" Gebühren erhoben - in cash bei der Überquerung zu bezahlen!

Dienstag, 14. April 2009

Chiang Mai

Ich habe beschlossen, die fünf Tage, an denen wegen Songkran keine Schulungen stattfinden, für einen Ausflug nach Chiang Mai zu nutzen. Die acht Stunden Busfahrt (eine Richtung!) lohnen sich jetzt eher als irgendwann für ein kurzes Wochenende. Werde zwar auf dem Weg von oder nach Laos nochmal hier vorbeikommen, aber ich dachte, es tut gut, mal aus Mae Sot rauszukommen. Freizeitmäßig ist ja nicht viel geboten, und unter den Volunteers ist es durchaus üblich, mal für ein paar Tage nach Bangkok oder eben Chiang Mai zu fahren. Allerdings wurde mir offen abgeraten, gerade jetzt herzukommen bzw. es hieß, ich solle mir darüber im Klaren sein, worauf ich mich einlasse. Denn Chiang Mai gilt als Zentrum der Songkran-Feierlichkeiten. Es hieß, ich solle mir überlegen, ob ich nicht lieber an den gewalttätigen Demos teilnehmen will, die gerade in Bangkok stattfinden, das wäre harmloser....! Ok, es war nicht der genaue Wortlaut, aber sinngemäß war das die Aussage, glaube ich :-)

Bin nun seit gestern hier und zweifele manchmal, ob es eine gute Entscheidung war. Einerseits schon gut, denn Songkran in Chiang Mai ist wirklich ein Erlebnis. Es ist eine mehrtägige Wasserschlacht ohne Ende. Was zuerst auffällt: überall gibt es Eimer und Wasserpistolen in allen Größen und Farben zu kaufen. Und jeder ist damit bewaffnet. Pickups mit riesigen, mit Wasser gefüllten Bottichen und jeweils ca. 5-10 Personen auf der Ladefläche patroulieren durch die Straßen ("mobile Einheiten"). Am Straßenrand haben die Leute alle paar Meter ebenfalls Bottiche aufgestellt und/oder Wasserschläuche installiert ("stationäre Einheiten"). Und dann geht's halt ab. Als unbeteiligter Fußgänger auf der Suche nach Essen, Trinken, Souvenirs oder einfach nur ein bißchen wohlverdiente Entspannung in einem Massagesalon hat man da keine Chance ("collateral damage"). Aber so lernt man die Stadt am besten kennen. Nach dem Motto: wie komme ich mit möglichst wenigen Überquerungen von größeren Straßen von A nach B...Dann gibt es noch Knotenpunkte, die man am besten komplett meidet. Verkehrsmäßig geht da gar nix mehr, d.h. die beteiligten Parteien sind einander ausgeliefert bis zum bitteren Ende. Da fällt mir ein Zitat aus anderem Zusammenhang ein: "Wann ist in Molwanien Jagdsaison? Von Anfang Oktober bis zum Ende der Munition!" An den Knotenpunkten also ist Stillstand... und gleichzeitig Party, denn dort sind dann auch Bühnen aufgebaut, und es läuft laute Technomusik. Das erinnert irgendwie schon ein bißchen an Love Parade oder ähnliche Veranstaltungen. Und wer ist wieder am aktivsten bzw. übertreibt es ab und zu gerne mal? Die Ausländer! Hier sind es vor allem junge Briten und Amis, die den Thai mal zeigen wollen, wie man richtig Songkran feiert... Damit komme ich langsam zu den Aspekten der Veranstaltung, die mir nicht so gut gefallen. Man hat das Gefühl, daß mehr Ausländer unterwegs sind als Einheimische. Außerdem haben sie mir kein schönes Zimmer mehr übrig gelassen, fast alles ist ausgebucht....ach, menno!

Spätnachmittags dann kann man beobachten, wie kleine Grüppchen klitschenaß, tropfend, Wasserspuren hinter sich herziehend und erschöpft, aber glücklich die Orte des Geschehens verlassen. Wer möchte, kann nun bei einer Tasse leckerem Kaffee von einer Cafe-Terrasse aus in Ruhe seine privaten "Miss Wet T-Shirt"-Listen (oder "Mr. Brit oben ohne, rot und verbrannt", je nach persönlichem Gusto) aufstellen.

So, wenn man die ganzen Songkran-Begleiterscheinungen wegläßt, ist Chiang Mai glaube ich ein sehr lohnenswertes Reiseziel. Es ist relativ beschaulich und gemütlich, der Kaffee ist gut, es gibt schöne und vor allem ruhige Unterkünfte, man kann sehr gut einkaufen und essen und in der Umgebung viel unternehmen.

Zum Abschluß noch ein Bild von einem späten Besucher mit Schuhgröße 40 auf der Terrasse vor dem Büro in Mae Sot...

Samstag, 11. April 2009

Frohe Ostern!

Ich wünsche Euch allen schöne Osterfeiertage!!!

Aus aktuellem Anlaß noch folgendes:

Pattaya

B.H.S.O.H. School

Der erste von zwei Schulungsblöcken an der BHSOH School (Boarding High School for Orphans and Helpless Youths) ist so gut wie abgeschlossen, morgen (Sonntag!) ist der letzte Schulungstag vor Songkran. Weiter geht es dann am kommenden Samstag mit Block II. Also genau der richtige Zeitpunkt für eine Zwischenbilanz.

Hier sehen wir sechs verschiedene Schulklassen während des regulären Schulbetriebs an der BHSOH School...



Küche, Abfluß und Toiletten an der BHSOH School...



Die Woche begann typisch thailändisch: mit einer Übung in Gleichmut und Geduld. An dem Projekt waren ursprünglich fünf Schulen aus Mae Sot und Umgebung beteiligt, die jeweils Lehrer und Schüler für die Kurse abstellen sollten. Montag morgen sind wir, also das Schulungsteam bestehend aus Agnese, Claire und mir, sowie Ang, eine Kollegin aus dem Büro, die am ersten Tag mitfahren und nach dem Rechten schauen sollte, hier vor dem Büro in den Schulbus gestiegen. Der Fahrer hatte Anweisung, die Schulen abzuklappern und anschließend zur BHSOH School zu fahren. Bei den ersten zwei Schulen ging noch alles glatt, der Bus füllte sich langsam. An der dritten Schule, ziemlich weit außerhalb von Mae Sot gelegen, dann das erste Fragezeichen, keine wartenden Schüler oder Lehrer in Sicht. Nachdem Ang kurz mit einigen Bewohnern der umliegenden Häuser gesprochen hatte, stiegen wir alle wieder in den Bus und fuhren weiter. Die angemeldeten Leute waren einfach nicht da.

Wenn schon keine Schüler oder Lehrer, dann doch wenigstens ein paar Schnappschüsse mitgenommen...



Vor der Regenzeit müssen die Dächer erneuert werden...



An der nächsten Schule, noch weiter außerhalb, das gleiche Ergebnis, erneut niemand da zum Aufsammeln. Somit blieb uns nichts anderes übrig, als zu unserem Endziel zu tuckern, wo wir nach über zwei Stunden Fahrt mit ziemlich heftiger Verspätung ankamen. Außerdem waren wir nach der Fahrt in der Hitze auch schon etwas abgekämpft - dabei hatte unsere eigentliche Arbeit noch nicht mal begonnen. Seit dem zweiten Tag sind die beiden ominösen Schulen nicht mehr auf unserer Route. Auf meine Forderung hin wurden außerdem die Essenslieferungen unserer Küche an sie sowie jegliche finanzielle Unterstützung komplett gestrichen.... na gut, das war jetzt übertrieben, soweit kam es (noch) nicht.

Die Schulungen finden in den Räumlichkeiten der Schule (Englisch) sowie in einem Internetcafe (Computer) auf der anderen Straßenseite, das wir gemietet haben, statt. Der Englischunterricht hat Workshop-Charakter. Ziel ist vor allem, die Schüler in Kleingruppen selbständig mit verschiedenen Medien arbeiten zu lassen. Sie sollen zu Zusammenarbeit und Diskussion animiert werden. Die Lehrer sollen beobachten und lernen, sollen verschiedene Lehrmethoden in der Praxis kennenlernen und verinnerlichen. Manches davon klingt selbst für die Nichtpädagogen unter uns selbstverständlich, aber die Erfahrungen in dieser Woche haben gezeigt, daß es das, verglichen mit den gängigen Lehrmethoden hier, absolut nicht ist.

Für meine Kurse haben wir die ca. 45 Schüler und 15 Lehrer in Gruppen zu fünf Personen eingeteilt, Lehrer und Schüler getrennt und entsprechend ihrer Vorkenntnisse verschiedenen Stufen zugeordnet. Die eigentliche Vorgabe für mich war, den Umgang mit digitalen Medien zum Selbststudium zu schulen. Praktisch sieht es aber so aus, daß ein kleinerer Teil der Schüler und ein größerer Teil der Lehrer keinerlei Computererfahrung besitzt. Was soll ich denen also zeigen, wie sie eine Englisch-Audio-CD auf ihren MP3-Player rippen können, ohne daß sie vorher den Umgang mit Maus, Tastatur, Windows und Anwendungssoftware kennengelernt haben? Meine Schulungen bestehen also aus einer Mischung aus Grundlagenschulungen für die Anfänger sowie Vermittlung von kleineren Spezialanwendungen für die Fortgeschrittenen. Dazu gehört auch Internetnutzung. Heute z. B. habe ich aus gegebenem Anlaß meiner Klasse erklärt, was Ostern ist und sie nach "Easter Egg", "Easter Rabbit", "Jesus Christ" und "Always look on the bright side of life" googeln lassen. Peinlicherweise erfuhr ich anhand der Trefferliste von Google, daß es "Easter Bunny" heißt und nicht "Easter Rabbit"...soviel zur Qualität meiner Unterrichtsvorbereitung. Jedenfalls ging es mir darum, ihnen anhand dieses, quasi beliebigen, Beispiels, die Möglichkeiten der Recherche und die Informationsfülle im Internet zu zeigen. Ich denke, der Appetit wird dann mit dem Essen kommen.

Sonntag, 5. April 2009

Lucky Tea Garden

Unter den Minderheiten, die in Burma verfolgt werden, gibt es einige, die dem islamischen Glauben angehören. Auch in Thailand selbst leben viele Muslime, hauptsächlich im Süden. In Mae Sot hat sich ebenfalls ein kleines muslimisches Viertel gebildet. Dort befindet sich der Lucky Tea Garden, wo ich heute morgen gefrühstückt habe. Man lasse sich nicht von dem Namen täuschen: die Lokalität erfüllt keine der Assoziationen, die der Name weckt. Zunächst einmal befindet sie sich an einer der größeren Straßen und nur ein paar Meter entfernt vom belebten day market. Und die Bauweise im Stadtzentrum sieht grundsätzlich folgendermaßen aus: es sind lange Gebäudezeilen, mehrstöckig aus Beton mit quasi überdimensionierten Garagen als Erdgeschoß, eine neben der anderen. Diese "Garagen" dienen als Verkaufsraum, manchmal als Wohnraum oder eben als Restaurant. Die Wände sind meistens kahl, wobei abends die vielen Geckos interessante, weil dynamische, Muster fabrizieren. Das Mobiliar ist aus Plastik. Bedient wird man oft von Kindern im Alter zwischen 10 und 14 Jahren. Im Lucky Tea Garden sind es zwei nette Jungens, die das offensichtlich schon länger machen. Habe sie gefragt, ob sie die Say Ta Nar School kennen. Haben mich aber nicht verstanden. Ich hätte mir vorstellen können, daß sie da zur Schule gehen, falls sie denn zur Schule gehen, weil sie in der Nähe ist und unter meinen Computerkurs-Schülern auch viele muslimisch waren.

Mein Frühstück bestand aus burmesischem Tee, Samosas und frittierten Teigfladen. Der Tee ist eine Art Schwarztee, schmeckt aber anders, bißchen komisch, ist stark gesüßt und mit vieeeel von etwas ähnlichem wie Kondensmilch versetzt. Sie liegt als dicke Schicht auf dem Boden des Glases, wenn man es serviert bekommt. Man muß dann eine Weile kräftig rühren, bis sie sich verteilt hat. Die Samosas sind ganz ok, schmecken gut. Die frittierten Teigfladen schließlich werden in kleine Stückchen gerissen und ordentlich mit dieser Pseudo-Kondensmilch übergossen. Erst dann wird das ganze serviert. Als Fazit fällt mir dazu ein Ausspruch von Claire, der französischen Englischlehrerin ein: in Frankreich sei Cola fast das süßeste, was man so bekommen kann, in Thailand ist es eins der am wenigsten gesüßten Dinge :-)

Auf dem Heimweg habe ich noch die "burmese alley" gesucht und gefunden. Das ist eine etwas versteckte Gasse im hinteren Bereich einer großen Halle des day market. Mit den entsprechenden Kontakten ausgestattet könne man da allerlei zwielichtige Gestalten treffen hatte ich gehört. Es handelt sich um eine lange Reihe von kleineren Teeläden, "Cafes", die Musik ist überall ordentlich aufgedreht und wechselt beim Vorbeilaufen alle paar Meter, von thailändischem Synthie-Pop zu Hardrock, dann zu Techno und wieder zurück. Insgesamt ist es eher unspektakulär, wenn man wie ich die angesprochenen Kontakte (noch) nicht hat, wobei ich mich schon etwas unwohl gefühlt habe. Es herrscht praktisch kein Durchgangsverkehr und ab und zu erntet man den einen oder anderen mißtrauischen Blick. Ich lächelte immer brav und spazierte mit unschuldigem Blick weiter.

Gerade haben wir die Planung für den April abgeschlossen. Agnese, die Lehrerin aus Italien ist eingetroffen und wird die nächsten drei Wochen an einer Schule am Stadtrand Englisch unterrichten. Ich werde stundenweise Gruppen von 7-8 Schülern herausziehen und mich mit ihnen in ein Internet-Cafe auf der anderen Straßenseite zurückziehen und ein bißchen zocken :-) Nein, leider nicht, ich soll ihnen zeigen, wie sie CDs, MP3-Player und PCs sowie Internet zum Englisch-Selbststudium nutzen können. Die Schüler sind in den Klassenstufen 8 bis 11 und haben an dieser Schule regulären EDV-Unterricht. Da erwarte ich wenig Schwierigkeiten. Das größere Problem werden die Lehrer sein, weil die teilweise noch nicht mit Computern gearbeitet haben. Agnese soll sie fit machen bzgl. Lehrmethoden und dazu sollten sie natürlich auch die diversen Medien kennen. Das kommt dann noch auf mich zu. Wegen des Songkran-Festes übernächste Woche, wodurch uns fünf Schultage ausfallen werden und wegen Agneses sehr begrenzter Zeit, werden wir auch an den nächsten beiden Wochenenden unterrichten.

Wer übrigens hier im Blog etwas kommentieren möchte, kann das inzwischen gerne auch anonym und ohne Google-Account tun :-)